Das Juragebirge, das sich in der Schweiz von Genf bis in den Aargau erstreckt, ist mittlerweile fast lückenlos vom Luchs besiedelt. Die Wildtier-Forschungsstelle KORA geht aufgrund der letzten Erhebungen davon aus, dass aktuell im gesamten Schweizer Jura rund 60 Tiere heimisch sind.
Wie das permanente Luchsmonitoring zeigt, findet der Luchs in den steilen, und grossen Jurawäldern der ersten und zweiten Jurakette, aber auch gegen das Baselbieter Hügelland nach wie vor optimale Bedingungen. Im Lebensraum Jura hat es grundsätzlich genügend Beutetiere und deckungsreiche Jagdgebiete für den Schleichjäger Luchs. Die felsdurchsetzten Wälder bieten zudem genügend Wurfhöhlen, um den Nachwuchs zur Welt zu bringen. Allerdings wird nicht jede Region im Jura gleichermassen von der scheuen Raubkatze genutzt.
Im Solothurner Jura gibt es zwei eigentliche Luchs-Hotspots, einerseits rund um den Weissenstein auf der ersten Jurakette und andererseits in der Region Kleinlützel im solothurnischen "Schwarzbubenland". Der aktuelle Luchsbestand im ganzen Kanton Solothurn wird auf rund ein Dutzend Individuen geschätzt, welche zum Teil grenzübergreifend auch in den Kantonen Aargau, Baselland, Jura und Bern herumstreifen.
Erfolgreiche Wiederansiedlung
Der Luchs war bereits während der letzten Eiszeit im Jura heimisch, er starb aber während des 19. Jahrhunderts in der Schweiz aus. Die letzte historische Beobachtung erfolgte 1904 beim Simplonpass. Der Luchs wurde mit allen Mitteln verfolgt, aber auch die Lebensgrundlage war zerstört: Die Wälder waren weitgehend abgeholzt, die Beutetiere ausgerottet. Erst mit der Rettung der Wälder und der wilden Paarhufer im 20. Jahrhundert waren die ökologischen Voraussetzungen für eine Wiederansiedlung des Luchses wieder gegeben.
In den Jahren 1974/75 wurde der Luchs im Neuenburger und Waadtländer Jura wiederangesiedelt. Erste Tiere wanderten in den frühen 1980er-Jahren gegen Nordosten ab und erreichten 1983 den Kanton Solothurn. Heute ist praktisch der gesamte schweizerische und französische Jura vom Luchs besiedelt.
Der heimliche Jäger
Ein Luchs jagt vorwiegend Rehe – Gämsen mit ihren Hörnern und in Rotten organisierte Wildschweine sind dem Einzelgänger Luchs als Beute meist zu gefährlich. Gebietsweise kann die Anwesenheit des Luchses einen Rehbestand spürbar schmälern, aber keinesfalls gefährden. Der Luchs ist ein Anschleich- und Überraschungsjäger, der die Beute nicht verfolgt. Er greift das Opfer mit den Krallen der Vorderpranken und tötet es mit einem gezielten Biss in die Kehle. Die Beute wird während mehrerer Nächte vollständig verzehrt. Nur die groben Knochen, der Kopf, das Fell sowie der Verdauungstrakt bleiben übrig. Ein Luchs verzehrt pro Woche ungefähr ein Reh oder eine Gämse, das bedeutet ca. 50–60 Tiere pro Jahr.